Evangelisch sein und rechtsextrem wählen – das geht nicht zusammen

16 May 2017
„Evangelisch sein und rechtsextrem wählen – das geht nicht zusammen“, sagt Kirchenpräsident Christian Albecker aus Frankreich. Foto: LWB/Ralf-Uwe Beck
„Evangelisch sein und rechtsextrem wählen – das geht nicht zusammen“, sagt Kirchenpräsident Christian Albecker aus Frankreich. Foto: LWB/Ralf-Uwe Beck
Gespräch mit Christian Albecker, Präsident der Vereinigten Evangelischen Kirche von Elsass-Lothringen

Einen Tag vor seinem Abflug zur Zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes vom 10. bis 16. Mai im namibischen Windhuk erfährt Christan Albecker von einer Geschichte im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl in Frankreich, die ihn sehr bewegt: Ein Pfarrer in einem kleinen Dort im Elsass konfirmiert am Wahlsonntag eine Gruppe Jugendlicher. Später erfährt er, dass zwei Drittel seines Dorfes für die rechtsextreme Marine Le Pen gestimmt haben. Der Pfarrer fragt sich daraufhin: Wie viel Kraft haben eigentlich unsere Predigten vom Evangelium, wenn die Menschen das nicht in ihren Alltag übersetzen?

Am Rande der LWB-Vollversammlung sprachen Ralf-Uwe Beck und Solveig Grahl vom LWB-Kommunikationsteam mit Kirchenpräsident Christan Albecker.

Mit dem Rechtsextremismus beschäftigt sich die Kirchenleitung der Vereinigten Evangelischen Kirche von Elsass-Lothringen, deren Präsident Albecker ist, schon länger, nun habe dieser aber massiv zugenommen. „Es ist erschreckend: Einer von drei Franzosen hat am 7. Mai rechtsextrem gewählt. Wir als Kirche haben dafür bisher keine Erklärung.“ Albecker vermutet aber irrationale Ängste hinter diesem Wahlverhalten.

Die Aufgabe der Kirche sei es, zu verkündigen: „Fürchtet Euch nicht, habt keine Angst. Die Probleme, die wir in Frankreich haben, lösen wir nicht, indem wir Mauern bauen.“ Albecker räumt ein, dass dies allerdings bei vielen nicht ankommt. Umso mehr komme es darauf an, die Rechtsextremen nicht zu verteufeln, sondern mit ihnen zu sprechen. Mit der Wahl stelle sich auch die Aufgabe, herauszuarbeiten, welches die tieferen Werte Europas sind.

Auffällig sei, dass von elf zu den Wahlen angetretenen Parteien mindestens sieben gegen Europa eingestellt sind. „Europa hat uns den Frieden geschenkt, so dass wir brüderlich mit unseren deutschen Nachbarn leben können. Dieses Europa müssen wir betonen.“ Deshalb habe seine Kirche gemeinsam mit den evangelischen Kirchen von Baden und der Pfalz eine Erklärung abgegeben, die am 9. Januar dieses Jahres auf einer Rheinbrücke gemeinsam verlesen wurde.

Albecker hat dabei auch die Bundestagswahl im September in Deutschland im Blick. „Unsere Botschaft richtet sich an unsere Gemeinden und nimmt Bezug zum Reformationsjubiläum: Es geht nicht zusammen, evangelisch zu sein und rechtsextrem zu wählen.“ Politiker würden ihnen immer wieder vorhalten, sie hätten sich um den Himmel zu kümmern, die Politik um die Erde. Darauf Albecker: „Die Botschaft von Christus ist nicht allein für den Himmel gedacht, sondern auch für das Leben, das wir jetzt leben.“

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Rechtsextremismus ist es Albecker auch wichtig, sich mit dem Antisemitismus Luthers auseinanderzusetzen: „Wir dürfen diese dunkle Seite Luthers, die mehr als einfach nur eine Schattenseite ist, nicht ausblenden. Wir dürfen an dieser Stelle Luther auf keinen Fall akzeptieren, mehr noch, wir müssen dies verurteilen.“

Für den 7. Juni kündigt Albecker eine gemeinsame Erklärung seiner Kirche mit dem Großrabbi von Strassburg an.

LWB/Ralf-Uwe Beck und Solveig Grahl