Was nehmen Delegierte und Besucher der Zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) für die eigene Arbeit mit nach Hause. Zum Abschluss der Vollversammlung vom 10. bis 16. Mai in der namibischen Hauptstadt Windhuk haben fünf Delegierte aus Deutschland ihre Eindrücke formuliert.
Der württembergische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July zeigte sich zum Abschluss der Zwölften Vollversammlung in Windhuk, Namibia, beeindruckt von den informellen Gesprächen, zum Beispiel in den sogenannten Dorfgruppen. Der bisherige LWB-Vizerpäsident der LWB-Region Mittel- und Westeuropa erklärte: „Anders als in den großen Plenardebatten konnten wir uns hier intensiv über Fragen des Glaubens und der Menschenwürde und deren konkrete Auswirkungen im Alltag der Menschen austauschen. Das hat mir das Motto der Versammlung ‚Befreit durch Gottes Gnade’ richtig anschaulich gemacht. Frauen aus Afrika haben mir das Thema Gleichberechtigung von Frauen deutlich vor Augen gestellt. Die Frage der historischen Schuld der Deutschen in Namibia ist ein roter Faden in vielen Gesprächen gewesen. Dazu hat die Vollversammlung deutlich gemacht, dass das vor allem eine Frage zwischen Deutschland und Namibia ist, der LWB den Gesprächs- und Versöhnungsprozess aber gerne begleiten möchte. Und es ist wie schon in Stuttgart 2010 erlebbar geworden, dass Gottesdienste und Gebetszeiten kein Beiwerk sind, sondern das Zentrum des miteinander Feierns und sich Begegnens. Darin wird die Vielfalt der Gaben sinnlich spürbar.“
Nach anfänglichen Befürchtungen, die Erklärung des Lutherischen Weltbundes „zur Versöhnung im Zusammenhang mit dem Völkermord in Namibia“ hätte als „unberechtigte Einmischung verstanden werden können“, zeigte sich Pfarrer Thomas Adomeit nach der Verabschiedung der Resolution zufrieden. Der Delegierte von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg hofft, dass „die Resolution zur Versöhnung zwischen Deutschen und den Herero, Nama und anderen indigenen Gruppen beitragen kann“.
Adomeit betonte kurz vor dem Abschluss der Vollversammlung am 17. Mai in der namibischen Hauptstadt Windhuk, „dass die Resolution nach meinem Eindruck und nach meinen Gesprächen hier, nicht kontraproduktiv ist“. Er lobte, dass der LWB vorsichtig formuliert habe. „Wir haben hier versucht, einen klaren Impuls zu geben für die Versöhnung“, so Adomeit.
Beeindruckt zeigte er sich von der spirituellen Vielfältigkeit der Vollversammlung. Dies habe sich „in den musikalischen Erfahrungen, den Farben, den Gottesdiensten und Andachten gezeigt“.
Pfarrerin Nele Schomakers aus Delmenhorst bei Bremen spürt „eine tiefe Dankbarkeit, Teil dieser weltweiten lutherischen Gemeinschaft zu sein, im Arbeiten und Beten“. Die Pastorin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg zog zum Abschluss der Zwölften LWB-Vollversammlung eine durchweg positive Bilanz. „Den Geist der Verbundenheit, den ich hier spüre, nehme ich mit und ich hoffe, dass ich ihn weitertragen kann“, betonte sie.
Besonders hat die junge Theologin Anstöße aus Gesprächen unter dem Motto „Schöpfung – nicht für Geld zu haben“ aufgenommen. Zu dem Thema gab es auch einen von drei Grundsatzvorträgen, der sie ebenfalls ermutigt hat, das von der oldenburgischen Kirche angestoßene Projekt „Zukunft einkaufen“ sowohl „als Gemeinde und im Persönlichen zu übernehmen“. Schomakers nimmt auch einen Perspektivwechsel mit. Nicht beim Negativen stehenbleiben, sondern fragen, „was wir besser machen können“, sagt sie. Das fange im Kleinen an und ziehe dann Kreise. Was sie daheim auch zum Ausdruck bringen will, „ist das Gefühl, stolz darauf sein zu können, Lutheranerin zu sein und den befreienden Geist zu spüren“.
Superintendentin Bärbel Hertel aus der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland fand in Namibia die Gottesdienste immer wieder faszinierend. „Wir haben in Swakopmund einen Gottesdienst besucht, der dauerte drei Stunden, war aber so nah an den Menschen, so voller Musik und Leben, dass keinem die Zeit lang wurde. Viele Ehrenamtliche machen hier mit, leiten den Gottesdienst sogar. Nicht immer steht allein der Pfarrer im Mittelpunkt. Die Menschen kommen aus ganz verschiedenen Situationen und Generationen, das macht es so bewegt und bewegend. Das Evangelium kann so inspirierend sein, wenn es so erzählt wird. Das nehme ich mit nach Hause.“
Eva Hadem, Leiterin des Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrums der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, hat sich an einem Nachmittag mit Kirchen aus Skandinavien, Kanada und den USA darüber ausgetauscht, „wie wir als schrumpfende Kirchen in einer säkularen und immer säkularer werdenden Gesellschaft Kirche sein können. Dankbar war ich für eine dänische Kollegin, die das gar nicht so dramatisch findet, denn, sagt sie: ‚Unser Auftrag ist es, Salz der Erde zu sein und die Welt zu hinterfragen. Das schließlich ist Reformation.’ Dafür, das habe ich verstanden, müssen wir nicht dauernd auf die Zahlen schauen.“
LWB/Rainer Lang, Oliver Hoesch, Ralf-Uwe Beck & Solveig Grahl