WINDHUK, Namibia – „Ich weinte, als ich von der Entscheidung der Synode im April 2016 erfuhr”, erinnert sich Agnieszka Godfrejow-Tarnogorska (44) von der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen. Ihre Kirche hatte gerade beschlossen, dass auch Diakoninnen das heilige Abendmahl ausgeben dürfen – ein Schritt auf dem Weg zur vollen Ordination von Frauen. Aber es war ein zwiespältiger Sieg.
Ursprünglich hatte die Synode über die Frauenordination abgestimmt. Und obwohl die Mehrheit dafür stimmte, wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlt, um das Kirchengesetz zu ändern. Godfrejow-Tarnogorska sieht in der „Aufwertung“ der Stellung der Diakonin einen Kompromiss. „Es ist gut, dass es eine ganze Reihe von Tätigkeiten und Berufen in der Gemeinde gibt“, sagt sie, „aber ich bin fest davon überzeugt, dass es meine persönliche Berufung ist, zur Pfarrerin ordiniert zu werden.“
LWB-Gutachten zur Gendergerechtigkeit
Die Delegierten der Vorbereitenden Konsultation der Frauen in Windhuk, Namibia, diskutierten auf ihrem Treffen sowohl die Frage der Frauenordination als auch die der Gendergerechtigkeit.
Um die Umsetzung des Grundsatzpapiers Gendergerechtigkeit im LWB zu begleiten, erarbeitete das Büro der Kirchengemeinschaft ein Gutachten zur aktuellen Ausgangslage mit dem Titel „The Participation of Women in the Ordained Ministry and Leadership in LWF Member Churches“ (übersetzt „Die Teilhabe von Frauen am ordinierten Amt und Leitungsverantwortung in den LWB-Mitgliedskirchen“). Die Ergebnisse wurden 2016 veröffentlicht. Eines der Ergebnisse des Gutachtens ist es, dass 82 Prozent der LWB-Mitgliedskirchen Frauen ordinieren.
Der lange Weg zur Frauenordination
Godfrejow-Tarnogorskas Kirche ist eines der vielen Beispiele für den langen Weg zur Frauenordination. Seit 1963 wurde es Frauen mit einem Abschluss in Theologie erlaubt, zu lehren, Gottesdienste zu halten und in der Seelsorge tätig zu sein. 1999 wurde die Ordination von Frauen zu Diakoninnen eingeführt. Seither können Frauen karitative und missionarische Dienste leisten, Gottesdienste, Hochzeiten und Begräbnisse leiten, das Sakrament der Taufe feiern und bei der Ausgabe des Abendmahls assistieren. Es wurde ihnen jedoch nicht erlaubt, einer Gemeinde vorzustehen, und bis 2017 durften sie das Abendmahl nicht zelebrieren.
Im Jahr 2014 initiierte der polnische Bischof Jerzy Samiec den Prozess „Frauen im ordinierten Amt“. Er endete mit der Synode im April 2016: 38 Mitglieder stimmten für die Aufnahme von Frauen in das volle ordinierte Amt, 26 waren dagegen, vier enthielten sich. 48 Stimmen wären für ein positives Ergebnis nötig gewesen.
Eine lange Geschichte des Dienstes für die Kirche
Wie etliche andere Frauen in Polen hat auch Godfrejow-Tarnogorska an der Christlichen Theologischen Akademie in Warschau Theologie studiert und ihr Studium 1997 abgeschlossen. Seitdem hat sie in der Kirche in verschiedenen Stellen gearbeitet, gelegentlich auch ehrenamtlich.
„Ich habe jede Gelegenheit genutzt, um meine ökumenischen und internationalen Verbindungen zu festigen“, sagt sie. Nach viel harter Arbeit und gemeisterten persönlichen Notlagen war sie 2016 endlich der Erfüllung ihres Traumes nahe gekommen – 19 Jahre nach Beendigung ihres Theologiestudiums.
Ihren Traum angesichts der Entscheidung der Synode aufzugeben, kommt für Godfrejow-Tarnogorska nicht in Frage. Ihre gegenwärtige Stellung ermöglicht es ihr, sich für die Belange der Gendergerechtigkeit einzusetzen und Bewusstsein in ihrer Kirche zu wecken für die Gaben, die Frauen beizutragen haben. „Ich will ordiniert werden“, sagt sie, „und ich will, dass meine pastorale Arbeit anerkannt wird.“