Julia Braband, Delegierte der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und gerade in den Rat des Lutherischen Weltbundes gewählt, hat bei der Gedenkveranstaltung zum 500. Reformationsjubiläum im Sam Nujoma-Stadion in Windhoek ein Zeugnis für die Region Mittel- und Westeuropa abgegeben.
Julia Braband kommt aus dem Mutterland der Reformation und nimmt die Zuhörerinnen und Zuhörer zunächst mit nach Wittenberg bis zur Schlosskirche. Hier, so beginnt sie ihre Rede, stand die Wiege der Reformation, hier soll Luther vor 500 Jahren seine 95 Thesen angeschlagen haben. Das ziehe viele Touristen an, die den Spuren Luthers nachgehen. Trotz dieser ereignisreichen Geschichte sei Wittenberg heute, wie auch die gesamte Region, stark säkularisiert. Nur noch zehn Prozent der Bevölkerung seien Christen.
Dies führt Braband auch auf die Zeit der ehemaligen DDR zurück: „Das Leben war für die Kirchen während der DDR-Diktatur nicht einfach.“ Bis 1989 habe der Staat eine atheistische Politik betrieben. „Kirchenmitglieder wurden unterdrückt und gedemütigt.“ Mit dieser Realität müsse Kirche heute umgehen. Das sei die von Gott zugewiesene Aufgabe. „Aber wie?“, fragt Braband. „Wie können wir einen Weg finden, Menschen zu erreichen, die den Faden zum Glauben verloren haben und beispielsweise nicht mehr wissen, warum wir Weihnachten und Ostern feiern.“ So stelle sich die Frage, wie wir als Kirche in der Gesellschaft sichtbar bleiben können.
Ihre eigene Kirche, die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, habe deshalb mehrere Projekte ins Leben gerufen, zum Beispiel das der „Offenen Kirchen“. Es gebe allein in Mitteldeutschland 4.000 evangelische Kirchen, von denen aber 95 Prozent nur zu den Gottesdiensten geöffnet sind. Die Kirche wolle aber gerade 2017 eine gastfreundliche Kirche sein. Dazu gehöre auch, die Kirchen zu öffnen. „Wir wollen die Schönheit und Vielfalt der Kirchen zeigen. Die Menschen sollen hier aber auch beten und still werden können. So wollen wir die Kirchen mit Leben füllen.“
Ein anderes Projekt seien die „Erprobungsräume“. Hier gehe es darum herauszufinden, wie bunt Kirche sein kann und um experimentelles Arbeiten. „Herzschlag“ ist eines von elf bereits geförderten Projekten – eine Jugendkirche. „Dies ist ein Ort, den die Jugend selbst gestaltet und für sich und Freunde in Anspruch nimmt.“ So solle die Jugend ihre eigenen Formen des Glaubens und spirituellen Lebens finden und sich gleichzeitig darin üben, sich selbst zu organisieren.
Abschließend wirbt Braband dafür, die Reformation weiterzuführen: „Eine Kirche muss immer wieder darüber nachdenken, was sie ist und was sie in Zukunft sein will. Nur so wird Kirche eine Kirche für alle Menschen sein können.“
LWB/Ralf-Uwe Beck und Solveig Grahl